basler fasnacht

Von | 1. März 2006

tataaaa

wenn die narren morgen den karneval aus
ihren klamotten kloppen, geht’s woanders erst
richtig los. am oberrhein, bei den alemannen,
also da… feuer auf den bergen, glühende holz-
scheiben fliegen zu tal, hexen tanzen und
in basel beginnt in der nacht von sonntag auf
montag der morgenstraich. dort wär‘ ich gern,
bei der fasnacht ohne alaaf und helau, bei der fasnacht, die fast ein bisschen unheimlich ist…:

Basler Fasnacht

Die Stadt ist im Ausnahmezustand. Basel ist nicht mehr das Basel der biederen Bürger, der soliden Geschäftsleute, die ernsthaft und besonnen ihrer Arbeit nachgehen. Basel klingt, Basel vibriert, ganz Basel ist voller Menschen, die sich durch die Straßen bewegen, als würden sie an einem unsichtbaren Faden gezogen, hypnotisiert, in Trance, im Bann des Rattenfängers, der in diesen Tagen die Stadt mit seinen Klängen in Bann hält. Im Bann des Rattenfängers, der sie auf die Straßen treibt und sie vorwärtszieht, ein Tänzeln, ein Schreiten, ein Hüpfen, das drei Tage und drei Nächte nie ganz zu enden scheint. Im Laufe des Tages und der Nacht füllen sich die Straßen mit Konfetti, knöchelhoch liegt es, man pflügt sich hindurch wie durch frisch gefallenen Schnee und staunt wie ein Kind an einem Wintertag. Tritt man am nächsten Morgen aus dem Hotel, scheint alles vorbei zu sein, die Stadt ist nüchtern und aufgeräumt im grauen Morgen und es ist, als habe man das alles nur geträumt, als sei hier nie etwas anderes gewesen als diese nüchterne graue aufgeräumte Straße. Doch da beginnt es erwwwt, zaghaft erst, in versteckten Ecken, verhalten, doch bald ist es wieder wie am Vortag, die Stadt lädt sich auf, füllt sich an, sie vibriert und hallt und dröhnt bis in die frühen Morgenstunden, wenn das Gehen wieder schwer wird vor Müdigkeit vom Laufen in dem tiefen Konfetti.

Es ist schwer zu beschreiben, wie es ist in Basel an diesen drei besonderen Tagen. Man muß dagewesen sein, mittendrin, muß sich eingelassen haben auf den Rattenfänger, nur dann bekommt man eine Ahnung. Aber es ist auch gefährlich, denn hat sich seine Musik erst einmal in dich hineingegraben, sich eingenistet in deinem Organismus, bist du auch schon verloren, denn du wirst süchtig, kannst sie nicht mehr missen und jedes Jahr bist du wieder da, hängst am Faden und läßt dich durch die Straßen ziehen bis es nicht mehr geht.

Was soll ich sagen über diese Musik, die so magnetisch wirkt, daß alle sich ihr unterordnen?

Sie zwingt in einen Schritt, eine Art verschleppten Marschtritt, nach dem man nicht wirklich marschieren, nur schwingend schreiten kann, mit einem leichten Schlenker, einem Hüpfer, dessen Übermut gleich wieder eingefangen wird von dem beharrlichen Rhythmus des Schreitens, des Wiegens. Die quirligen hohen Triller der Piccolo-Flöten fahren hoch auf in die Luft mit wilden Schlingen und Strudeln, sie verweben sich über der Stadt zu einem flirrenden Klangteppich. Der Klang der Trommeln mischt sich hinein und verleiht dem Gewebe eine festere Konsistenz. Unten in den Straßen und den engen Gassen grummeln sie, grollen, knallen die Stöcke auf die Landsknechtstrommeln, die Hauswände schmettern das Trommelgebrüll zurück. In den Gruppen, die zusammen trommeln, klingt es gebändigt in gesammelter Kraft; zornig und hart und aufgebracht klingt es bei einzelnen Trommlern, die man durch die Stadt schreiten sieht, herausfordernd, aggressiv, leicht nach hinten geneigt, als wollten sie dem Tag ins Gesicht spucken.

Folge den Trommlern ins Zentrum des Lärms, im Schaufenster eine Reklame
„Schützen Sie Ihr Gehör“, lachhaft, heute nicht und morgen nicht und übermorgen auch nicht!

Schau auf die Hände der Pfeifer und Trommler, versuch so herauszufinden, ob es Männer sind oder Frauen, du hast sonst keine Anhaltspunkte, die Basler Bürger verschwinden im Häs, in der Verkleidung, manchmal sieht man ein Stück Hals und kann versuchen, an der Beschaffenheit der Haut abzulesen, ob es ein älterer Mensch ist oder ein junger. Dein Erstaunen, wenn die Larven während einer Musizierpause abgesetzt werden für ein kurzes Luftschöpfen und unter der Verkleidung der Mensch hervorkriecht, zimperliche hochnäsige Jüngferlein verwandeln sich schlagartig in kräftige bärtige junge Männer, ein grimmiger Löwe wird zu einer hübschen jungen Frau.

Trommlerhände sind kerniger, handfester, Pfeiferhände gehören oft Frauen und sind zarter und schmaler.

Es gibt geplante, sorgfältig zusammengestellte Umzüge durch die Stadt in diesen Tagen, und es gibt die spontanen, und die sind mir die liebsten.

Beim Umzug am Montagnachmittag werden große Wagen durch die Stadt gezogen, Bonbons fliegen durch die Luft, Mohrrüben und Rettiche, und immer wieder Blutorangen. Die Mimosensträußchen, die auch notwendig zur Basler Fasnacht gehören, muß man sich härter erkämpfen. Es dauert meist lang, bis man eines ergattert hat. Hingehalten werden sie einem oft, man greift danach und will sie schnappen, um die Nase in dem duftenden gelben Schaum zu versenken, aber alles, was man sich einfängt, ist eine geballte Ladung Konfetti,
und wenn man Pech hat, wird man auch noch von einem Hästräger damit richtig eingerieben. Und wenn man sich frühmorgens im Hotel todmüde auszieht, schneit es im Zimmer und man wacht auf in einem bunten Konfettibett.

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