Bouillabaisse2.

Von | 2. Juni 2014

Herr D. runzelte die Stirn, legte zwei Dosen Bouillabaisse in seinen Einkaufswagen und ging zur Kasse. Ich ließ meine Einkäufe zwischen den Regalen stehen und folgte ihm hastig.

Draußen goss es in Strömen, die Strassen glänzten vor Nässe, alle Leute hatten ihre Schirme aufgespannt und hetzten hin und her, um dem Unwetter zu entkommen. Nicht so Herr D., der sich unbeschirmt und fast behaglich durch die Regenschleier treiben ließ. Nach einer Weile öffnete er eine Haustür und verschwand vor meinen Augen. Lange noch stand ich da, ließ das Wasser an mir herunter rinnen und hoffte, er würde noch einmal auftauchen. Doch er blieb verschwunden.

Mein Leben hatte wieder einen Sinn. Jeden Tag drückte ich mich zwischen den Regalen im Supermarkt herum und wartete auf die Chance, noch einmal seine Hand zu berühren. Auch vor seinem Haus stand ich stundenlang in der Hoffnung, ihm zu begegnen. Oft sah ich ihn am Fenster stehen, seinen öligen glatten Kopf gegen die Scheibe gelehnt, die Spur seines Atems, der das Glas diesig machte und seinen runden knubbeligen Mund, der erstaunte „O“s auf die beschlagene Scheibe drückte. Hin und wieder trat er aus der Tür und ich folgte ihm heimlich. Einmal saß ich in der Straßenbahn hinter ihm und berauschte mich an dem strengen Duft seiner Haare, betrachtete eine große weiße Schuppe, die wie ein Fähnchen an einem einzelnen Haar in der Zugluft sich bewegte. Sie schien mir aufmunternd zuzuzwinkern und fast – fast! hätte ich sie abgepflückt.
Irgendwann hatte ich genug gesehen. Ich musste handeln, denn ich wollte Herrn D. unbedingt näher kommen.

– Fortsetzung folgt –

4 Gedanken zu „Bouillabaisse2.

  1. wildgans

    Hab ich grad gelesen und mir ist es kalt am Rücken rumgeglubscht,huaaaaaaaaaaah. Armhärchen haben sich auch hochgestellt!

  2. sylvia

    :-))) das ist ja fein -so sollt es sein – ein klein wenig gruselig…

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