eine bühne. fast leer. in der rechten hinteren ecke etwas buntes. an der rechten bühnenwand gestapelte umzugskartons. ungefähr 40, 50. sauber beschriftet mit daten. von – bis. eine frau nimmt karton für karton. öffnet, packt aus. baut. eine landschaft aus müll. zweieinhalb stunden schaust du ihr zu, hörst zu, was sie vor sich hin spricht. über das projekt. über inspirationen. dichter, philosophen, künstler, freunde. über menschen, ohne die all das nie geschehen wäre. kleine geschichten, reflexionen, obsessionen, banales, erhabenes. sie murmelt, sie deklamiert, sie singt, sie summt. wie selbstvergessen, wie ein kind, im heiligen ernst des spiels. der müll eines jahres, gesammelt, gereinigt, inventarisiert, verwahrt in kartons. jedes fitzelchen papier, jeder teebeutel, jeder tetrapack, jede flasche – jede schlechte idee – nicht mit der löschen-taste vernichtet, sondern ausgedruckt, eingepackt,aufbewahrt, jetzt wieder ausgepackt, aufgebaut, durchschritten. karton für karton, leer, trägt sie hinüber zur anderen bühnenseite. du schaust und horchst und vergisst deine angst, das nicht zweieinhalb stunden lang aushalten zu können. am ende assoziierst du eine riesenstadt, eine metropole mit hochhäusern, straßen, kleinen seen, gebaut aus dingen, die nach gebrauch aus dem blick verschwinden, die keines blickes mehr gewürdigt werden. du sinnierst über die menschen, die dort wohnen könnten, über ihren alltag, über ihre dinge, über ihre geschichten. du denkst darüber nach, ob das viel ist oder wenig, was ein mensch, was ein mensch, was dieser mensch, in einem jahr weggeworfen hätte. wie viel wäre es bei mir? womit überschwemmen wir die welt? diese umweltgedanken jedoch stehen nicht im vordergrund, sie kommen, sie verschwinden und machen anderen platz. aus sonst unsichtbarem, weil verbrauchtem, wird poesie. die leise klare stimme von Sarah Vanhee, ihr präzises aufmerksames spiel nimmt dich gefangen, lädt dich ein, lässt dich mitspielen. nicht erschöpft, sondern erfrischt, seltsam erhoben und angeregt verlässt du den theatersaal. danke, Sarah Vanhee!
mehr: http://www.mousonturm.de/web/de/veranstaltung/oblivion
Was für eine tolle, ver-rückte und aus-gefallene Idee!
So, wie du den Anlass beschreibst, muss es grandios gewesen sein! Danke fürs poetische Schildern.
Ich lasse mich davon begeistern.
Lieben Sonntagsgruss,
Brigitte
liebe Brigitte, danke! es war wahrhaft beeindruckend und wirkt immer noch nach!
viele sonnige grüße
Sylvia
rosadora schreibt:
ist ja fast eine documenta aktion
würde passen
nein, ich hätte es nicht ausgehalten
der müll, der so herumliegt,
ist schon zu viel
ich bin ein mensch
liebe rosadora,
er lag ja nicht einfach so herum…
herzlich
Sylvia