Getas hände

ein dunkler raum. ein videofilm. auf dem bildschirm zu sehen: ein skizzenblock. darauf die hände einer alten frau. die rechte hält einen dicken edding. die hand wird gehoben, der edding schlägt aufs papier. ein dunkler klang. die hand zieht den edding über das blatt, es raschelt, es quietscht. du hörst die frau atmen. manchmal ein geräusch wie lippen und zunge und zähne. und ihre stimme. Geta fragt sich: na was ist das? kann man das gebrauchen? lass uns sehen. nein, das ist nichts geworden. oder: ja, das ist gut. blatt für blatt wird gezeichnet, vom block abgerissen, beiseite gelegt oder zerrissen. die faszination des schauens lässt nicht nach, ich folge Getas tun über die ganze länge des films. 10 minuten. das ist nicht viel. das ist eine ganze welt. 90 jahre alt sind die hände und Geta. die Hamburger Kunsthalle ehrt sie und ihr lebenswerk mit einer ausstellung. ich kam nicht hin, um sie zu sehen, denn ich wusste nichts von Geta Bratescu. wie gut, dass ich so neugierig war, in den dritten stock des white cube zu gehen. zeichnungen, collagen, installationen, fotos, stoffarbeiten, papierschichtungen. schwester, dachte ich. fleissige schwester. einige ihrer arbeiten schienen mir verwandt mit eigenen, ein wenig. diese hände, wie sie täglich ihre arbeit tun, diese aufmerksamen augen hinter der riesigen brille. stetig, tagtäglich sind sie in bewegung, als sei dieses tun die kraft, die Geta wach und frisch und lebendig erhält. strom des lebens, pure energie. als ich die räume verlasse ist mir, als sei ich selbst frisch aufgeladen. danke, Geta!