in der waschküche schüttet die mutter knochen ins wasser,
sehr weiss, weisser als der frische schnee, der gestern vor der hoftür lag.
sie schüttet sie aus der blauen packung, die neben dem
holzbottich steht. das sind keine knochen, kind, sagt die mutter. doch, es sind knochen, knochen, die sind dem schwein aus dem maul gefallen, als es schrie.
ganz rot war das maul und die knochen kamen weiss da raus und ich habe sie
aufgehoben und in die schachtel getan. und in der nacht ist das schwein gekommen
und hat wieder geschrien und hat mich angefasst mit seiner nase. die knochen
wollte es wieder haben und die haut und die pfoten und die ganzen würste,
und ich habe geweint. ach kind, sagt die mutter, was redest du wieder.
Sie ist hier nicht zu Ende, die Geschichte, aber das mit den Knochen schiebt sich dazwischen, in die eigenen Erinnerungsberge wie Schweineschnauze in den Kartoffelberg oder Wildschweinschnauze zwischen Wurzeln.
Im Kindheitsgedächtnis nicht Knochen, dafür Schweineblut in Eimern und Schnauze im Weckglas Eingemachtes aus eigener Schlachtung im süddeutschen
Dorf, wo man für „schlachten“ lieber „metzge“ sagt.
Kennst du übrigens das sibirische Märchen von der Bärin, die sich erjagen, töten und aufessen lässt,
unter dem Vorbehalt, dass alle ihre Knochen auf einem Haufen säuberlich beiseite getan werden? Was passiert?
Sie wird erlegt, zerstückelt, gebraten, gekocht. Aber
ein Hinterfußknochen ist ins Festmahl geraten. Einer der Gäste schlägt ihn auf und saugt dann das Mark aus.
Einige Zeit später wird die Bärin in der Wildnis wieder gesichtet, qicklebendig, putzmunter, wiederbeleibt und -beseelt, aber sie humpelt ein wenig, jedenfalls beim aufrechten Gehen.
hallo Dietmar,
nein, das kannte ich noch nicht – faszinierende geschichte! ja die erinnerungsberge – ich durchwühl und besteig sie grad intensiv und find es spannend, wie viele leute ähnliches und anderes erlebten, wie viele erinnerungen das lesen dieser texte bei anderen anstößt. grad schau ich in alten fotoalben rum – liegen noch viele geschichten drin;-)))