schützenliesel2 – im bierzelt

Von | 9. Juli 2011

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den kopf muss er nach hinten legen beim sitzen.
wenn er den kopf sinken liesse, würde sich das
fleisch vom kragen her in wellen langsam über
sein gesicht schieben. alle gesichtshöhlungen
würden sich füllen mit dem fleisch,
das ihm gewachsen ist aus kartoffeln, kraut
und braten, litern von bier und korn und lüttjen lagen.
um die überschwemmung und das darauf wahr-
scheinlich erfolgende ersticken zu vermeiden,
muss er den kopf nach hinten legen.
auch beim gehen muss er das tun, zur verlagerung
des schwerpunkts. würde er nicht den kopf nach
hinten legen beim gehen, könnte er nicht die leicht
nach rückwärts geneigte körperhaltung erlangen,
die sein überleben ermöglicht. liesse er seinen
körper nur um ein weniges nach vorn sacken, um die
anspannung zu mildern, hätte das schlimme
folgen:
die bauchkugel würde sich rückhaltlos nach vorn stülpen,
würde den rest mit sich reissen, rundkopf, melonenarme,
keulenbeine, alles, die klotzpranken würden auf der
suche nach halt durch die luft rudern und dabei
nichtsahnende passanten zu fall bringen. die masse
würde über ihnen zusammenschwappen und sie dem er-
stickungstod anheimgeben. durch die wucht des aufpralls
würde der herzschrittmacher des herrn p. zertrümmert,
die auslaufende batteriesäure würde ihm ein brennendes
gefühl im brustraum verursachen, für kurze zeit nur,
und dann wäre es aus mit ihm.
deshalb geht er nicht gern herum, der herr p., vorsichtig
ist er, sitzt lieber tag für tag im bierzelt, den
kopf bedachtsam nach hinten gelegt, und sinniert über
die gesetze der schwerkraft.

2 Gedanken zu „schützenliesel2 – im bierzelt

  1. Dietmar

    Herr P., ein Mensch mit aufrechter Rücklage, ein Naturwunder am liebsten im Bierzelt, in Biergärten hausend; Akkumulation aus Braten, Eintöpfen, Bieren, wie geschildert, mild im Naturell, nachdenklich und geneigt zum Sinnieren.
    Trägt er einen Hut?
    Wenn ja, vielleicht, dann weit in den Nacken geschoben, wo er das in Wellen schwappende Nackenfett zu bändigen scheint.
    Ein grüner Hut aus Filz mit Feder?
    Ja, könnte sein. Denn:
    auch Jäger wäre er gerne geworden, wenn bloß die Hochsitze stabiler gebaut und geräumiger wären, mit breiteren Bänken, wo man nicht durchkracht. Hochstände, wo man und stundenlang gucken, nebenbei geruhsam gut vespern und Bierfässchen anstechen kann.
    Außerdem still ist’s im Wald, dämmrig und still,
    ganz wie im Bierzelt, wenn dort der Lärm durchs
    Weghören abgestellt wird und nur noch ein Rauschen verbleibt, wie im Wald, wenn der Nachtwind hinduchfährt.
    Ausgepolstert und lauschig wird’s dort dem P. auf
    seinem ersatzweise eingebildeten Hochsitz, den kein Zimmermann so innig und hoch zu errichten vermag, wohlig und warm ums Batterie betriebene Herz.

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