neue Kleider

Von | 11. August 2013

Auf dem Dachfirst saß der Abend und baumelte mit den Beinen. Der Wind blätterte ihm die Seiten das kleinen Katalogs auf, den sie in der Dachrinne gefunden hatten. „Dieses ewige dunkelnde Blau, dieses brütende  Schwarz, dieses grisselige Grau –„ säuselte der Wind dem Abend ins Ohr. „Wie brüllend langweilig, Alter! Du musst dringend mal was anderes anziehen! Die Nacht mit ihren wechselnden Monden und dem ganzen Sternengeflitter stiehlt dir doch die Show!“ „Hm hm. Hm hm. Hm hm.“ machte der Abend und guckte sich fast die Augen aus. Der Wind pustete in die Seiten. „Frauenkleider. Nein, weiter! Männerkleider. Nein, weiter! Ja – hier ist es doch, das habe ich gemeint: Abendkleider! Guck dir die doch mal an! Extra für dich! Da ist bestimmt was fetziges dabei, huiuihui!“ „Hm.“ machte der Abend und baumelte weiter mit den Beinen. Der Wind schwieg still und ließ den Abend in Ruhe schauen. „Na!“ sagte der schließlich. „Naja. Jetzt guck dir das doch mal an: dunkelndes Blau. Brütendes Schwarz. Grisseliges Grau. Hab ich doch schon.“ Der Wind pustete noch ein bisschen. „Und diese hier? Guck bloß mal!“ Der Abend riss die Augen auf und vergaß das Beinebaumeln. „Mann! Das ist ja…“ Armfrei. Rückenfrei. Brustfrei. Bauchfrei. „Mann!“ Er wurde knallrot, der Wind pustete schnell noch ein paar goldene Wölkchen rüber und so kam es, dass der Abend heute so festlich über den Dächern thront.

                 

 

 

 

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