zwei bilder

Von | 27. Februar 2022

zwei bilder bewegen mich an diesem morgen. neben denen von mordlust und zerstörung, die jetzt, wenn man sich dem aussetzen will, überall präsent sind. nein, ich schaue nicht weg. ich sehe sie, aber nicht den ganzen tag lang. sie gehen mir ans eingemachte, machen traurig, wütend, verzweifelt, hilflos. aber ich weiss, es braucht gegenbilder, die mich nicht schlapp machen, nicht müde, nicht resigniert.  bilder von erhobenen häuptern. bilder vom trotzdem.

von zwei bildern sprach ich. von bewegten bildern. fernsehen und instagram.

das erste:

einer sitzt an einem riesenlangen (verhandlungs)tisch. am einen ende. am anderen sitzt jeweils eine frau oder ein mann. es wechselt. der am einen ende ist immer derselbe. hat er mal einen anderen anzug an, wechselt die krawatte? keine ahnung, ich nehme die haltung wahr, das gesicht. große distanz, große kälte.

das zweite, bei dem mir irgendwann die tränen kullerten:

vor einem Moskauer kaufhaus steht ein junger mann. er trägt ein pappschild in der hand. gar nicht mal groß. darauf zwei hände, die einander halten. die eine zeigt die ukrainischen farben, die andere die russischen. darüber steht (auf russisch) sinngemäß: „Wenn Du auch gegen Krieg bist, umarme mich!“ man sieht menschen gehen, manche nach kurzem stutzen vorbei. andere, und immer mehr, sieht man auch. ein alter mann kommt, liest, klopft dem jungen mann auf die schulter, nimmt ihn kurz in den arm, geht seiner wege. eine junge frau rennt auf den jungen mann zu, mit weit geöffneten armen, drückt ihn fest, geht weiter. alte menschen, junge menschen, kinder, frauen, männer, kommen und umarmen ihn. ich weiss nicht, wie lange er da stand. ob er blieb, oder ob er „entfernt“ wurde. er hat was getan! bot nähe an, bekam nähe zurück. mich hat das aufgerichtet. gut, man weiss nicht, ob das alles gefaked war. ich glaubs eigentlich nicht.

mir kommt ein lied in den sinn: viele kleine leute an vielen kleinen orten die viele kleine dinge tun, können das gesicht der welt verändern.

ja, ich weiss. die panzer, die raketen, das ganze scheussliche waffenarsenal. die unerbittlichkeit. die gewalt. die grausamkeit. aber das ist nicht alles. dieses kleine filmchen hat mich aufgeweckt. muss nachdenken, was ich hier tun kann. außer zu friedensgebet, demo gehen, spenden, kerze ins fenster stellen. hat jemand eine idee?

8 Gedanken zu „zwei bilder

  1. rosadora

    danke für dein hin- und mitdenken, liebe sylvia. ich helfe dir beim denken. mehr kann ich nicht tun. ich habe krieg erlebt, weiß, dass es zu spät ist, wenn ein krieg erst ausgebrochen ist. wer hat diesen p. so wahnsinnig werden lassen. den name mag ich gar nicht ausschreiben…
    wehret den anfängen – wiedermal nicht rechtszeitig in die puschen gekommen. h. und p. – das sind monstren, die darf man nicht unterschätzen. wieso ist die halbe menschheit nicht fähig ihn aufzuhalten????????????
    mehr weiß ich auch nicht, sorry……..
    rosadora
    ich umarme dich

  2. mona lisa

    Du hast diese Zwiegespaltenheit, die auch ich empfinde –
    gut zum Ausdruck gebracht. Auch ich suche nach Möglichkeiten, mich einzubringen und gleichzeitig nicht innerlich so aus dem Lot zu geraten, dass ich mich selbst sabotiere.
    Liebe Grüße

  3. Quer

    Oh, wie schön! Die Kraft gehört den Mutigen, die sich getrauen, die Wahrheit zu sehen und zu benennnen.
    Vielleicht können auch viele gute Gedanken etwas bewirken, ein klein wenig vielleicht – und natürlich Solidarität mit denen, die ihr Leben und ihr Selbtbestimmungsrecht verteidigen.
    Lieben Montagmorgengruss,
    Brigitte

  4. Sylvia Beitragsautor

    Euch allen danke ich sehr fürs mitfühlen und
    mitdenken! es hilft bestimmt, uns gegenseitig
    zu stärken und bringt sicher die gerade etwas
    stockende kreativität wieder ins fließen.
    danke! und weiter…
    ganz herzliche grüße und dank für die verbundenheit
    Sylvia

  5. Roswitha

    liebe sylvia, die bilder berühren sehr, die du uns vorstellst. auch daher will ich nicht mutlos werden, sondern hoffen gegen jede vernunft, getragen aber von dem wissen, das viele menschen das gleiche wollen: keinen krieg. und unsere kraft sollte reichen, nicht aufzugeben, sondern fortzufahren mit unserem einsatz für eine welt, in der alle leben können. dazu müssen wir uns einschränken, die welt reicht nicht für milliarden menschen, die wie wir leben wollen.
    mit phantasie und freude geht viel, lieben gruss, roswitha

  6. Andrea

    Ich bin zum Schluss gekommen, dass jeder auf seine Art etwas beitragen kann – und beiträgt. Die einen laut, die anderen leise, die einen gehen auf die Straße, die anderen gehen auf anderen Wegen, usw..
    Ich denke, dass alles gut und notwendig ist, das den Schrecken und das Leid aufnimmt und – eben in seiner Art spiegelt – abbildet – reflektiert.

    Liebe Grüße, Andrea

  7. Sylvia Beitragsautor

    @Roswitha
    danke! ja, mit phantasie und freude geht viel!
    Oft denk ich in diesen tagen an Hilde Domin:
    „Nicht müde werden sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten.“
    liebe grüße aus dem sonnigen morgen
    Sylvia

  8. Sylvia Beitragsautor

    @Andrea
    das denke ich auch. und so handeln wir. jede
    findet einen gangbaren weg, sei es laut oder
    leise. dank auch dir, Andrea!
    lieber gruß
    Sylvia

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